Manchmal lesen wir ein Buch, das uns die Augen öffnet. Haben ein Gespräch mit einer Person, dass uns an etwas Wichtiges erinnert. Oder wir schauen einen Film, der in uns neue Entschlüsse lossagt. Der Elan nach solchen Erlebnissen ist glühend, doch je mehr Zeit vergeht, desto mehr verblasst dieses Gefühl, dieser Entschluss, diese Erkenntnis. Deswegen liebe ich Mantras: sie sind ein leichter Trick, sich jeden Tag an das zu erinnern, das man in diesen markanten Situationen unbedingt festhalten will und sonst so schnell Farbe verliert. Das Wort Mantra kommt aus dem Sanskrit und bedeutet so viel wie “Spruch” oder “Lied”. Man bezeichnete damit das heilige Wort in Form eines Klangkörpers. Das repetitive Sprechen oder Singen soll diese heilige Silbe im Diesseits (das Gegenteil von Jenseits) manifestieren. Dieses Rezitieren von Sprüchen oder Worten, in Form eines Gedankens, oraler Aussprache (singen, sprechen, flüstern) oder Aufschreibens, habe ich vor allem mit meiner Yoga Praxis kennen und lieben gelernt. Heute möchte ich euch meine liebsten Mantras vorstellen, die ich versuche in meinen Alltag einzubinden. Es handelt sich hier um sehr moderne Mantras, die definitiv (von mir) “verwestlicht” wurden.
1. “I love you. Please forgive me. I am sorry. Thank you.”
„Ich liebe dich. Bitte vergib mir. Es tut mir leid. Danke.“ – Der Hoʻoponopono-Brauch aus Hawaii, ist zu einem wichtigen Pfeiler in meinem Leben geworden. In diesem Post bin ich näher darauf eingegangen, was dieses Heilmantra für mich bedeutet und wieso es tatsächlich heilsam ist. Die Essenz von Hoʻoponopono gilt dem Vergeben, sich selbst und Anderen gegenüber. Wir alle stauen so viel Wut, Ärger, Zorn in uns an und das alles nur, weil wir es nicht schaffen, zu vergeben. Vergeben bedeutet nicht die Gefühle zu ersticken oder zu vergessen, sondern mit diesen Gefühlen leben zu lernen und sie friedvoll zu akzeptieren. Uns wird von klein auf anerzogen, Gefühle zu löschen, nicht zu weinen, keine Schwäche zu zeigen. Zu Verzeihen bedeutet für mich die weiße Flagge zu hissen, Verletzlichkeit zu zeigen und zu leben. Sich der eigenen Verletzlichkeit auszusetzen bedeutet für mich ein erfülltes Leben.
2. “Everything I need is within me”
So oft geraten wir in den Sog unserer kapitalistischen Gesellschaft, die uns suggeriert, dass wir uns über unsere Besitztümer und Status definieren. Wir verlieren uns in Materie. “Wer viel hat, ist viel” scheint das Motto unserer westlichen Welt zu sein. Dieses Motto spiegelt sich in unseren überfüllten Wohnungen, Besitztümern, Impulskäufen, oberflächlichen Beziehungen und zu viel Arbeit wider. Wir versuchen so viel Außen zu suchen, um unser Inneres zu füllen und zu formen. Als ich mit 21 vier Monate alleine in Asien reiste wurde mir aber klar: mein Zuhause und alles, was ich brauche, ist in mir drin. Wir kommen alleine auf diese Welt und wir gehen alleine. Natürlich sind die Menschen, die uns auf unserem Lebensweg begleiten, wichtig, doch wir vergessen so oft, dass das Wichtigste die Beziehung zu uns selbst, zu unserem Inneren ist. Alles, was wir brauchen, tragen wir bereits in uns. Wir müssen nur lernen, diese Fülle zu sehen.
3. “Feelings are just visitors”
Als hochsensibler Mensch, habe ich mich viel mit meinen eigenen Emotionen auseinandergesetzt. Die Amplituden der Gefühle können, gerade bei sensiblen Menschen, täglich stark in beide Richtungen ausschlagen, was sehr oft sehr belastend sein kann. Eines Tages stolperte ich dann über den Spruch “feelings are just visitors. let them come and go.” vom spirituellen Lehrer und Guru Mooji. Dieser banale, einfache Spruch, hat mir die Visualisierung gegeben, die ich mein ganzes Leben lang gebraucht habe, um mit meinem Gefühlsspektrum umzugehen. Gefühle, negativ und positiv, willkommen zu heißen, höflich zu behandeln und als Gast anzusehen, ist ein wirklich mächtiges und kraftvolles Werkzeug.
4. “I am enough”
Ich glaube hierzu muss ich nicht viel sagen. Body-positivity wird auch Social Media momentan überall gelebt, es aber auch in sich drin zu leben, ist viel schwieriger. Jessamyn Stanley war hier eine große Inspiration für mich. In diesem Instagram Post beschreibt sie sehr gut, warum der Dialog über Selbstliebe vielerorts in die falsche Richtung geht “the conversation has become very diluted and saccharine sweet- it’s devolved into a mess of brands claiming to be ‘body positive’ by appropriating the stories and bodies of visible fat people (…) femmes with low self-esteem who allow their ‘likes’ and ‘followers’ to take the place of self-love; and various other people who are uninterested in the actual message of body positivity and want to use the force of the movement as a mechanism for making money and gaining prestige.” Sich jeden Tag zu sagen “ich bin genug.” und es irgendwann zu meinen, zu fühlen, zu denken und zu glauben dauert Jahre, wenn nicht sogar ein ganzes Leben.
5. “Breathe.”
Ein einfaches Wort, das so viel kann. In Stresssituationen, bei Angst, bei Trauer, bei ganz alltäglichen Situationen: unser Atem ist das, was uns ein ganzes Leben lang begleitet und so oft vergessen wir darauf. Bei acht Sekunden etwa liegt unsere Aufmerksamkeitsspanne. Sich bloß eine Minute auf den Atmen zu konzentrieren, ihn wahrzunehmen, ohne dabei mit den Gedanken abzuschweifen, kann so, so viel und ist doch so, so schwierig. Wenn du mit “atme” nicht so viel anfangen kannst, könntest du dir auch “inhale, exhale” vorsagen oder denken. Was mir auch hilft, sind ein- und ausatmen mit Luft anhalten dazwischen (vor allem in Stresssituationen). “Breathe” ist für mich ein Wort, das physische Auswirkungen hat, wie kaum ein anderes Wort.
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