Eh wurscht

Der Würstelstand: Inbegriff Wiener Kultur. Ein Ort, bei dem bei Burenheidl, Doppler und Hüs’n kommuniziert, gelacht, gelallt und philosophiert wird. In Wien wird beim Würstelstand vorallem eines praktiziert: das Raunzen. Früher hat Wiener und Wienerin über die Pest oder Belagerungen geraunzt, heute über die böse EU oder gar das Gackerl von Dackeldame Evita. An dem Tag, an dem ich beschlossen habe dem Fleischkonsum zu entsagen, habe ich mich wohl ebenso synchron ins soziale Abseits befördert. Ich vermisse post-mitternächtliche, geistige Ergüsse über mitreißende Themen wie den lustigen Lama-Züchter Robert aus “Bauer sucht Frau”! 

Meinen Liebeskummer hinsichtlich des Würstelstand-Entzugs konnte ich heute im Theater in der Josefstadt sanieren. Der grobe Humor des Stücks “Eh wurscht” von Franz Wittenbrink hat den Großteil des klassischen Josefstadt-Publikums wohl eher echauffiert, bei mir indessen Lachkrämpfe der Extraklasse losgetreten. Dank Ruth Brauer und ihrer phänomenalen schauspielerischen Leistung durfte ich mit verschmiertem Eye-Liner beim Aperol-Spritzer am Piaristenplatz nach Vorstellungsende sitzen.

Der Würstelstand ist nicht bloß Nahrungsquelle, sondern auch Heimat für viele verlorene Seelen. Seelen, die gehört werden wollen (auch wenn sie bloß dem Wunsch nach einem weißen Spritzer gröhlend Gehör verschaffen wollen). Diese Komponente, aber auch die etwas profunderen Dimensionen des Würstelstand-Phänomens werden in “Eh wurscht” herrlich ironisch präsentiert. Eine warme Empfehlung meinerseits. So warm wie ein herrlicher Wiener Käsekrainer.

To my english readers: sorry for posting in german (must seem like crazy gibberish to you), my next posts will be in english again 🙂

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