“… du jung, hübsch, intelligent, selbstbewusst und erfolgreich bist.” Mein name ist Maddie, ich bin 25 Jahre alt, selbstständig, schaue ganz gut aus und lebe den Traum vieler Mädchen. Es gibt nur einen Haken an dieser Konstellation: es macht mir Feinde.

Was passiert eigentlich mit uns Frauen? Wenn wir uns gegenseitig mustern, lästern, schlecht machen, haten und missgönnen. Und was würde rein hypothetisch passieren würden wir uns gegenseitig unterstützen, respektieren und wohlwollen? Ein Gedankenexperiment.

Ich bin mit einem 5 Jahre älteren Bruder aufgewachsen, der anscheinend vom 5. bis zum 19. Lebensjahr in einem Dauerwachstumsschub steckte, wenn es nach seinen Essgewohnheiten ging. Futterneid ist gar kein Ausdruck für die Zustände, die ich als jüngere Schwester durchleben und -leiden musste. Heute noch stopfe ich mir die Marillenknödel Zuhause so schnell wie möglich rein, bevor mein Bruder mit der Gabel auf meinen Teller zusteuert und sich das letzte Stück ergaunert, bevor er es genüsslich in den Mund schiebt. Endlich erwachsen und mit eigenem Kühlschrank ausgestattet (ätsch!) war ich glücklich neid- und angstbefreit leben zu können. Bis das Bloggen kam: die glorifizierte Darstellung meines Lebens – manchmal realitätsnaher  und manchmal nur ein kleines, seltenes Bruchstück meines Lebens.

Ich bin hübsch weil meine Genkonstellation das ergibt was gesellschaftlich als “schön” gewertet wird. Ich weiß wie ich auf Fotos posen muss um nicht wie der 60kg 1,60m Zwerg auszusehen der ich eigentlich bin und ich weiß wie ich meinen Lidstrich auftragen muss damit mein Augen optisch größer wirken. Ich mache keine Fotos kurz nach dem Aufstehen mit Kissenabdruck und Sabber im Gesicht. Ich weiß dass ich schönes, volles Haar habe (danke persische Gene) und volle Lippen (danke persische Gene once again). Ich bin halbwegs gebildet weil meine Mutter mich gefördert hat und ich bin erfolgreich weil ich seit Jahren dafür arbeite. Ich habe nicht im Lotto gewonnen, mich nicht hoch geschlafen (es sei denn man bezeichnet unbezahlte Praktika als Prostitution – denn dann wäre ich eine ganz schöne Schlampe), keine Schönheits OP hinter mir, keine berühmten/reichen Eltern und schon gar keine friends im Modebiz. Ich fahre zu tollen Events, bekomme schöne Dinge geschenkt, trage tolle Kleider und habe glatte Haut. Ich habe in meinem Leben auch auf meinem Markt Käse verkauft, auf einen cholerischen 4 -jährigen aufgepasst, Nachhilfe gegeben, gekellnert, in einem Fitnesscenter an der Rezeption gearbeitet, Kotze von Kunden aufgewischt und Telefonbefragungen durchgeführt. Damals war ich genauso hübsch, genauso selbstbewusst, genauso intelligent aber nicht erfolgreich. Damals gab es keinen Grund mich zu hassen.

Es ist mir kürzlich wie Schuppen von den Augen gefallen, als ich einen der vielen Neidkommentar am Blog entdeckte und durch Zufall herausfand, dass die Person die da hatete eine Person ist die ich persönlich kenne. Eine Person mit der ich mich oft und nett unterhalten habe. Diese Person ist eine Frau, die hundert mal mehr Designerklamotten als ich besitzt, verdammt hübsch und schlank ist und einen erfolgreichen Modeblog schreibt. Eine Frau die eigentlich wirklich stolz auf sich sein könnte. Eine der vielen Frauen, die ich kenne oder nicht kenne, die es mir und anderen Frauen nicht gönnen dass wir dieses und jenes machen, glänzendes Haar, volle Lippen, was im Schädel haben und ein gut funktionierendes Unternehmen führen.

Oft fällt es mir auch schwer mich für jemanden zu freuen, wenn gerade alles schief läuft. Wenn es in der Beziehung nicht so richtig will, ich eine Cellulitedelle mehr entdecke (ich sammle sie inzwischen! Wer mehr hat gewinnt!), mein Hund mir in die Wohnung pisst, ich eine tolle Kooperation doch nicht an Land gezogen habe oder gerne zu einem coolen Event gegangen wäre. Wenn ich an solchen Tagen Instagram durch scrolle, kann es schnell passieren dass auch ich, mit dem vermeintlich “perfekten” Leben, mir wünsche noch jünger, noch schöner, noch intelligenter und noch erfolgreicher zu sein. Am Besten mit dem Körper von Beyonce, dem Humor von Ellen, dem Selbstbewusstsein von Oprah und dem Fame von Cara. Mit tausend Facebook Fans, Instagram Likes, flauschigen Babyhunden, Chanel Taschen und weiß der Kuckuck was. Und selbst dann wäre die Liste der Menschen auf die ich theoretisch eifersüchtig sein könnte unerschöpflich.

Mein Leben ist nicht immer so wie es von außen scheint und auch wenn der Mindwertigkeitskomplex in vielen Frauen diesen Schein braucht um Eifersucht den Nährboden zu geben, wird diese Eifersucht nichts daran ändern, dass ich bis auf weiteres schön, intelligent, selbstbewusst und erfolgreich sein werde. Dass ich aber trotzdem noch dieselbe käseverkaufende junge Frau bin, nur mit einer Designertasche und besserem Conditioner.

Und dass ich mich für andere Frauen freue, egal ob dick, dünn, das war wir als hübsch oder nicht hübsch bezeichnen – insert any attribute you want – wenn sie ihre Ziele erreichen, Cooles erleben, Spaß haben, absolut durchgeknallt oder einfach stinknormal sind. Macht der Erfolg einer anderen Frau mich weniger erfolgreich? Nein. Macht der BMI einer anderen Frau mich dicker? Nein. Macht die Handtasche meiner Freundin mein Outfit minderwertiger? Hell no.

Neidische Frauen halten einander ab: von Erfolg, dem Erreichen von Führungspositionen und innerer Zufriedenheit. Sie halten sich nicht nur gegenseitig davon ab, sondern in erster Linie sich selbst. Denn wer andere hasst, hasst in Wirklichkeit nur sich selbst.