Es ist gerade ein Jahr her, seit ich einen sehr persönlichen, reflektierten Beitrag zum Thema “der Kritiker” hier veröffentlicht habe. Inzwischen ist mein Blog und Reichweite noch größer geworden und die Hasstiraden werden immer niveauloser.
Gestern erst bekam ich ein Mail mit dem Betreff “Hi du Nutte” wurde darin als saudumme F**ze bezeichnet, ich sollte doch meinen Scheißblog löschen. Stellt euch mal vor, so ein Kommentar würde in einem normalen Arbeitsverhältnis, in einem Büro fallen. Das Internet ist mein Arbeitsplatz – hier gibt es keine Arbeiterkammer. Erst kürzlich musste ich erleben, dass jemand den ich seit Jahren kenne, anfing mich öffentlich zu kritisieren. Wieso spricht mich diese Person nicht privat drauf an, wo sie mich doch kennt? Bin ich durch meine Onlinepräsenz zum unbeührbaren Fantasiewesen geworden, mit dem man nicht mehr auf Augenhöhe sprechen kann? Es war nicht das erste mal, dass Menschen die ich persönlich kenne sich hinter dem großen Bruder, dem Internet, verstecken. Sich hinter ihrer Tastatur verschanzen, statt mich anzurufen oder sich mit mir zu treffen um mir ehrlich zu sagen, was ich denn nun falsch gemacht hätte. Als ich diese eine Person dann privat drauf ansprach, wurde ich als oberflächlich und heuchlerisch bezeichnet. Ich wurde dafür zurecht gewiesen, dass ich einen Milchschäumer von Nespresso besitze. Diese Person, die mich als Heuchlerin bezeichnete, arbeitet selbst für den Apple Konzern.
Heutzutage sind alle Blogger nur noch Heuchler.
Bis zu einem gewissen Grad sind wir das – Heuchler. Wir vermitteln nach außen hin ein Bild, das vielleicht nicht immer 100% mit dem realen Selbst übereinstimmt. Ich fotografiere öfter meine aufgeräumte Wohnung, statt den Sauhaufen an Schmutzwäsche. Ich fotografiere öfter ein schönes Outfit, statt mich im Pyjama. Ich bearbeite meine Fotos mit Filtern und teile nicht mit der ganzen Welt wenn es mir mal beschissen geht und ich den ganzen Tag nur unter die Bettdecke kriechen will. Macht mich das zur Heuchlerin? Nein.
Was mich zur Heuchlerin macht, ist die selektive Wahrnehmung derer, die im Internet auf andere haten. Bei Menschen die erfolgreich sind, die Geld mit dem verdienen was sie lieben, die vielleicht auch noch hübsch und intelligent sind setzt die selektive Wahrnehmung anderer viel schneller ein, als bei Menschen die das alles nicht sind/haben. Blogger sind greifbar und deswegen leicht zu haten. Wir Blogger leben nach außen ein Leben, um das uns viele beneiden. Viele Menschen verstehen nicht, wieso Blogger von so vielen Menschen geliebt werden, sie suchen verkrampft nach Schwachstellen. Genau deshalb werden wir sofort in die Doppelmoral-Schublade gesteckt von Menschen, die selbst keinen einzigen Tag als Blogger gearbeitet haben und nicht mal ansatzweise wissen, wie es sich anfühlt diesen Beruf auszuüben und wie schwierig es manchmal ist in der Öffentlichkeit zu stehen. Wie schwierig es ist Menschen zu vermitteln, dass man kein Satan und kein geldgieriger Bonze ist, der nur Profit im Kopf hat. Zu vermitteln, dass man ehrliche, moralische korrekte Intentionen hat und Dinge nicht unüberlegt promotet. Dass die eigene Intergrität IMMER an erster Stelle steht.
Es steht nirgendwo geschrieben, dass ich den Weltwassertag nur unterstützen darf, wenn ich keinen Nespresso Milchschäumer Zuhause habe. Es gibt kein Doppelmoral-Gesetz dafür, dass ich einen Teil meiner Reichweite der Förderung von Nachhaltigkeit nur dann nutzen darf, wenn ich kein einziges H&M Teil besitze. Und schon gar nicht gibt es einen Gott, der mich als Heuchlerin in der Hölle schmoren lässt, weil ich bei Grüne Erde einkaufe, beruflich aber viel fliegen muss.
Dass aber viele Menschen da draußen diesen Gott spielen wollen und nach wie vor werden, kann ich nicht beeinflussen. Ich kann andere nicht dazu zwingen mich oder meine Arbeit zu mögen, ich kann niemanden dazu zwingen mich nicht zu beschimpfen oder öffentlich niederzumachen. Was ich aber machen kann, ist diese Menschen zu bemitleiden. Dafür, dass sie es nötig haben sich stärker und überlegener zu fühlen, indem sie andere runter machen. Dafür, dass sie nur versteckt hinter ihrer Tastatur Macht ausüben können. Dafür dass sie ihre Stimme nicht für positives nutzen, sondern immer nur destruktive Gedanken rauslassen. Dafür, dass sie selbst Fehler machen, aber Perfektion im eigenen Leben vortäuschen. Sei es der Choleriker, der Besserwisser, der Pessimist oder Schlechtmacher – sie tun nichts weiteres anderes, als aggressives, destruktives Gedankengut verbreiten.
Am Ende des Tages bleibt nicht der Hass und die Kritik, sondern das was wir tatsächlich verändert haben. Es bleiben die guten Taten und die konstruktiven Beiträge, die wir in der Gesellschaft leisten. Jeder Mensch hat das Geschenk der Wahl: entscheide ich mich für positives oder negatives Denken. Entscheide ich mich dafür, bei anderen nach Fehlern und Makeln zu suchen oder entscheide ich mich dafür solche Gedanken gar nicht erst überhand nehmen zu lassen.
Wir alle haben nur eine begrenzte Zeit auf diesem Planeten und wir alle können selbst darüber entscheiden, ob wir diese Zeit mit Hass oder mit Liebe füllen wollen. Es sind persönliche Entscheidungen, die persönliche Werte nach sich ziehen. Noch sind wir jung, noch gibt es nichts zu bereuen.
Das ist mein Appell an ein friedvolleres Miteinander. Ein Appell an alle da draußen, die Gutes im Kleinen tun und sich trotzdem immer rechtfertigen müssen (Stichwort vegetarisch oder vegan leben). Dieser Hass darf euch nicht davon abhalten, weiterhin Dinge zu tun, die den Planeten ein klitzekleines Stückchen zu einem besseren Ort macht. Wir kommen alleine auf diese Welt und wir gehen alleine wieder – die einzige Rechenschaft sind wir nur uns selbst schuldig.
“Before you start pointing your finger, make sure your hands are clean.” – Bob Marley
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