Liebe Leserin, lieber Leser,
ich weiß gar nicht wie und wo ich anfangen soll. 2015 war ein Jahr, das ich nie vergessen werde. Es war wohl das prägendste Jahr meines jungen Erwachsenenseins und ich habe das Gefühl, sehr viel gelernt zu haben. Aus Fehlern, aber auch aus positiven Erlebnissen.
Wie jedes Jahr nimmt man sich mit dem Jahreswechsel neue Dinge vor, Vorsätze, blickt zurück, blickt voraus. Wenn du meinen Blog schon länger liest, weißt du vielleicht, dass ich ein sehr reflektierter Mensch bin und mir über vieles Gedanken mache. Das ist manchmal gut und manchmal schlecht. Ich nehme mir immer wieder Neues vor: 2013 verabschiedete ich mich von Zara, H&M und Co. und 2015 wurde ich Veganerin. Mit jedem Jahr wachse ich und mit jedem Jahr weiß ich ein Stückchen mehr, wie ich leben und wer ich mal sein möchte. Mit jedem Jahr lerne ich mich selbst besser kennen und kann dir eines sagen: es ist ein wunderschöner Prozess.
Die Entscheidungen, die man trifft, schlagen manchmal größere, manchmal kleinere Wellen. Manchmal beschließt man etwas zu Jahresbeginn und hat es im 2. Quartal bereits vergessen. Manchmal tut man sein Bestes und schafft es doch nicht so ganz. Man darf diese Fehler aber tun und muss sich, in den meisten Fällen, vor niemandem rechtfertigen. Man muss nicht konsequent jeden Tag Sport machen und es ist nicht schlimm, wenn man versucht fairer einzukaufen und sich doch nicht ganz vom 9€ Unterhosen Dreierpack Made in Bangladesh trennen kann. Denn Rechenschaft, ist man sich nur selbst schuldig.
Doch nun stell dir vor, wie das ist, wenn man täglich beobachtet und bewertet wird. Von tausenden Menschen. Wenn man diese Fehler nicht machen darf, wenn man getadelt, kritisiert und teilweise für die eigenen Entscheidungen gehasst wird. 2015 war ein wunderschönes Jahr, aber auch ein Jahr in dem ich eines festgestellt habe: je mehr ich versucht habe Gutes zu tun, desto mehr wurde ich angegriffen. 99% der Kritik destruktiv, beschuldigend.
Man legt sich eine dicke Haut zu in meinem Beruf und versucht, das Meiste nicht an sich ranzulassen. Doch es gibt Tage, da schafft man das nicht. Und es gibt Tage, an denen fragt man sich “warum tu ich mir das eigentlich an?”. Tage, an denen ich mich gefragt habe, wieso ich mich dafür rechtfertigen muss, dass ich mit Unternehmen XY zusammenarbeite oder Kleidungsstück XY anziehe. Ich hatte 2015 sehr viele frustrierende Tage. Tage an denen ich meinen Blog am liebsten gelöscht hätte. Tage an denen ich mich verkriechen wollte. Tage an denen ich mich gefragt habe, wieso Leute mir gegenüber so gemein und so destruktiv sein können.
Es gab Tage, an denen ich 400 Kommentare, 200 Mails, 20 Anrufe, noch mehr Whats App Nachrichten und Facebook Messages bekommen habe. Und ich das Gefühl hatte in dieser Flut zu ersticken. Tage, an denen ich mich gefragt habe, ob das Internet mir gut tut und wie ich mit dieser Flut an Menschen, die mit mir in Kontakt treten wollen, zurecht kommen soll. Ich habe mich 2015 sehr oft sehr oft überfordert gefühlt, weil ich das Bedürfnis hatte auf jeden Kommentar, jedes Mail, jede Nachricht eingehen zu müssen.
Und dann gibt es Tage, da schaut man sich in den Spiegel und sagt: “Es ist ok.” Wo man kein schlechtes Gewissen hat, weil man auf das Mail einer lieben Leserin nicht geantwortet hat. Tage, an denen man akzeptiert, dass es Menschen gibt, die im Internet sehr groß und im echten Leben sehr klein sind. Tage, an denen man weiß, dass alles was man tut, sehr vielen Menschen sehr viel gibt. Tage, an denen man weiß, dass der Großteil der Kommentare ermutigend und bestätigend ist. Tage, an denen man sich nicht selbst den Druck macht Superwoman zu sein, die alles unter einen Hut bringt. Tage, an denen man mit Glück, Freude und Euphorie durchflutet ist, weil das was man tut, so erfüllend ist.
Wieso ich dir das alles erzähle? Weil ich ehrlich sein will. Weil ich immer ehrlich mit dir war und immer versucht habe mich durch das Medium Internet so auszudrücken, wie ich dir gegenüber auch im echten Leben sein würde. Viele LeserInnen folgen mir schon sehr lange und ich bin dir, und allen anderen, eine ausführliche Erklärung schuldig, für das was ich jetzt sage.
2016 nehme ich mir eine Auszeit. Ich brauche Abstand, weil das was ich tue, mich sehr einnimmt. Ich brauche mehr Zeit für die Menschen, die ich liebe und in erster Linie für mich. 2015 war so ein turbulentes Jahr und ich bin unheimlich stolz auf mich. Doch ich weiß: das Tempo in dem ich mich bewege, befördert mich in spätestens 3 Jahren in ein Burn-Out.
Es ist das Gefühl gelähmt zu sein. Ständig online sein zu müssen, auf tausend Fragen einzugehen, sich zu rechtfertigen, zu diskutieren, unter Beschuss zu stehen, Anfragen von Menschen ablehnen zu müssen, ein Unternehmen alleine zu managen, gleichzeitig eine aufgeräumte Wohnung, Zeit für Freunde, Freizeit und Hobbies haben zu müssen.
2015 habe ich eines gelernt: ich muss nicht everybody’s darling sein. Es muss mich nicht jeder mögen, ich muss nicht jedem meinen Standpunkt klar machen, ich muss nicht auf jede Anfrage und jedes Mail antworten, es ist ok überfordert zu sein und es ist ok sich nicht in Lichtgeschwindigkeit zu bewegen. Es ist ok mit 26 zu sagen: ich nehme in Kauf etwas weniger zu verdienen, weniger aber dafür qualitativ hochwertig zu arbeiten und mehr Zeit für mich zu haben.
Alles was ich tue wirkt nach außen hin sehr beeindruckend. 26, eigenes Unternehmen, oft in der Presse, im Fernsehen, verdient bestimmt gut. Ich trage alle Werte nach außen, die unsere moderne Gesellschaft als “Erfolg” definiert. Doch weißt du was? All das ist kein Erfolg. Denn Erfolg ist nicht das, was andere sehen, sondern das was man in sich trägt. Erfolg ist weder Leistung, noch Geld, noch Statussymbol, tausende Follower, Menschen die einen gut finden. Erfolg ist wenn man das hat, was man braucht, um glücklich und zufrieden zu sein.
Ich brauche keine 100k auf Instagram, keine Designer Handtasche, keinen Luxusurlaub, Fernsehauftritte, Interviews, Fans, um glücklich und zufrieden zu sein. Ich sage es dir ganz ehrlich und von Herzen: das ist nicht meine Definition von Erfolg und wird es nie sein. Und genau deshalb brauche ich Abstand. Abstand von einer Leistungsgesellschaft, die sozialen Aufstieg durch erhöhte Arbeitsmoral verspricht.
Sich mit Mitte zwanzig eine kleine Auszeit zu nehmen, gilt in unserer Gesellschaft als tollkühnes Abenteuer. Den eigenen Interessen nachzugehen, statt der “Karriere” mit heraushängender Zunge nachzuhetzen, ist wenig bis gar nicht positiv besetzt und schon gar nicht mit dem Attribut “erfolgreich” versehen.
Aber bitte versteht mich nicht falsch: Ich weiß, dass viele junge Frauen gerne mit mir tauschen würden und ich bin unglaublich dankbar, für das was ich meinen Beruf nennen darf. Ich möchte euch nur klar machen, dass es nach außen oft glamouröser wirkt, als es ist.
Und was bedeutet das alles nun? Ein Ende?
Nein, gar nicht. Mit Auszeit meine ich nicht, dass ich von der Bildfläche verschwinde. Ich meine damit nicht, dass ich keine Kooperationen mehr eingehe, keine Fotos mehr poste und als Einsiedler in einer Höhle lebe. Es bedeutet nicht, dass ich meinen Elan, meinen Entdeckerdrang und meine Motivation verliere. Es bedeutet, dass ich mich entschleunige und mir Zeit nehme. Dass ich öfter nein sage, mir von anderen Leuten keine Schuldgefühle einreden lasse und dass ich das tue, was sich gut anfühlt. Dass ich mich weniger verpflichtet und gehetzt fühle durch andere Leute, und dass ich kein schlechtes Gewissen habe, wenn die Dinge nicht zu laufen wie sie sollten.
Während ihr diese Zeilen lest, hat mein entschleunigtes Leben bereits begonnen. Ich war kürzlich noch in Italien, wo ich auch den Großteil meiner Zeit im Jänner und Februar verbringen werde. Des Weiteren bin ich gerade in New York, weil ich am 2. Jänner zur Hochzeit einer guten Freundin in den USA fliege. Weiters kommen im Jänner berufsbedingte Reisen nach Dubai und Berlin hinzu.
Ich werde 2016 sehr viel reisen, vor allem möchte ich Österreich, Deutschland, Italien und Osteuropa erkunden. Ich möchte nach Serbien, Mazedonien, Kroatien, Bulgarien, Rumänien. Und: ich möchte mir Zeit nehmen für diese Reisen. Ich möchte keine Checkliste abhaken, sondern das tun, was sich gut anfühlt. Ich möchte Bücher lesen, mich weiterbilden, mich inspirieren und Neues aufsaugen, statt mich zu hetzen und nicht mal Zeit für eine Sonntagszeitung zu haben.
Ich möchte meinen Blog mit Beiträgen füllen, die ich interessant und ästhetisch ansprechend finde. Ich möchte mit Kooperationspartnern arbeiten, denen es um schönen, persönlichen Content und nicht um Verkaufszahlen geht. Kooperationspartner, die mich nicht unter Druck setzen, weil ihre Marketingabteilung rausgefunden hat, dass Blogger the hippest shit sind. Ich möchte Neues für euch ausprobieren und euch inspirieren. Content für euch zur Verfügung stellen, der sich nicht wie Zeitverschwendung für euch anfühlt. Ich möchte wieder mehr fotografieren, ohne Druck oder weil ich es muss. Und nein, damit meine ich kein Tausendstes Selfie. Ich möchte mehr in die Natur und euch Alternativen zum getriebenen Leben, das die meisten von uns führen, zeigen. Ich möchte einem meiner liebsten Hobbies nachgehen, für das ich 2015 nicht mal einen Tag Zeit hatte: dem Campen.
Ich möchte mir erlauben mein Leben nicht im Marathontempo zu laufen, mir erlauben zwischendurch mal stehen zu bleiben und einfach nur zu beobachten.
Und: ich möchte nicht everybody’s Darling sein.
Ich wünsche dir einen gesunden und entspannten Jahresbeginn 2016 und danke dir für die Zeit, die du Dariadaria widmest. Du bist die Leserin/der Leser von Dariadaria und somit jemand, der mir sehr wichtig ist
♥ Maddie
Photo: Maximilian Salzer
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