via INTO MIND
Weniger ist mehr. Weniger Besitzen = weniger Ballast = weniger Stress (und weniger Staub). Weniger tun = mehr Freiheit. Weniger Zerstreuung = mehr Konzentration. Die Grundidee des Minimalismus lautet: befreie dich von allem, was in deinem Leben nicht grundlegend wichtig ist, um für die wirklich erfüllenden Dinge Platz zu schaffen.
Das Problem ist meiner Meinung nach in erster Linie unser Zeitalter: wir sind so eingenommen von unserem Leben, dass es uns lebt und nicht wir es (ist das überhaupt Deutsch?). Die meisten von uns fühlen sich nicht frei, sondern gefangen. Wir verbringen den größten Teil unseres Tages in der Arbeit, kommen nach Hause, haben wenige Stunden Freizeit, füllen diese Freizeit mit Hobbies, Treffen, Beziehungen und nebenbei besitzen wir einfach verdammt viel Zeug, dass wir vermutlich nie brauchen werden. Grund dafür ist, dass wir versuchen ganz viele immaterielle Bedürfnisse mit materiellen Wirtschaftsgütern zu kitten. Nebenbei verlangt Social Media, das Fernsehen, Werbung und die tausenden Infos die wir täglich über diverse Kanäle mitgeteilt bekommen, unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.
Kein Wunder, dass viele Menschen meiner Generation keine romantischen Beziehungen eingehen wollen, weil es sich zu sehr nach “Verpflichtung” anfühlt. Denn für viele ist es die einzige Freiheit, die sie sich in ihrem gestressten und geplanten Leben überhaupt noch nehmen können. Und genau darum geht es bei der Entscheidung, minimalistischer zu leben: sich mehr Freiheit und somit mehr Luft zum Atmen zu geben.
Minimalistischer leben bedeutet aber natürlich nicht, alles was man besitzt beim Fenster rauszuwerfen (was sowieso sehr unökologisch und nicht in meinem Sinn wäre). Wenn man 40 Handtaschen besitzt und jede Einzelne wirklich gerne trägt, wäre es absurd, krampfhaft auszumisten. Es geht eher darum, wirklich zu überlegen, ob das was man besitzt und tut, einen einschränkt/erstickt oder positive Gefühle auslöst. Im Fall der Handtaschen bedeutet es natürlich auch, das Kaufverhalten zu analysieren und sich zu fragen, ob die 2 neuen Handtaschen pro Monat dem Leben wirklich Substanz geben. Dass weniger oft mehr ist, habe ich vor allem in den letzten Jahren, manchmal auf sehr schmerzliche Art und Weise, feststellen müssen. Inwiefern das Thema mich persönlich betroffen hat, habe ich auch in diesem Post angeschnitten.
Ich habe mich privat also wirklich viel mit dem Thema auseinandergesetzt und beschlossen, euch einen kleinen Guide zu geben, wie auch ihr euch von Ballast in eurem Leben befreien könnt.
1. Fragen stellen
Um den Gedankenprozess ins Rollen zu bringen, muss man sich Fragen stellen. Auch Reflexion genannt. Folgende Fragen können von Bedeutung sein:
– Auf was freust du dich am Meisten? An einem Tag, am Ende der Woche? Was ist es, was wirklich Emotion in dir auslöst?
– Welche 3-5 Dinge sind dir am wichtigsten im Leben und nehmen diese wichtigen Dinge den Großteil deiner Zeit ein, oder beschäftigst du dich mit den weniger wichtigeren Aspekten?
– Wenn du in deinen Schrank schaust, wie fühlst du dich? Entschlossen, überfordert, glücklich, verloren?
– Wie oft täglich fühlst du dich überfordert oder gestresst?
– Welche Verpflichtungen (private Projekte, Mitgliedschaften, Freundschaften, Hobbies) haben einen Mehrwert in deinem Leben und welche fühlen sich eher wie eine Last an?
– Kannst du nein sagen?
2. Kaufe nach Listen
Wie oft schlendern wir eine Einkaufsstraße entlang, ohne wirklich zu wissen warum. Wie oft erledigen wir den Lebensmitteleinkauf, ohne zu wissen ob wir jetzt zu viel, zu wenig gekauft haben und was wir eigentlich zubereiten möchten. Wirklich nur das zu kaufen, was man braucht, hilft einem nicht nur Geld zu sparen, sondern befreit vor unnötigem Gedankenballast. Wer am Anfang der Woche bereits plant, was er/sie kochen möchte, muss sich den Rest der Woche nicht mehr damit stressen. Denn ganz ehrlich: wer empfindet nach einem 9-stündigen Arbeitstag ein fröhliches Prickeln bei dem Gedanken, was nun gekocht werden und wo die Zutaten gekauft werden sollen.
Zum Thema Geld habe ich noch einen weiteren Tipp: gehe nur mit Bargeld einkaufen. Ein guter Trick ist es, sich am Anfang der Woche ein festgelegtes Budget in die Geldbörse zu stecken und damit für die Woche auszukommen. Ein Impulskauf hier, einmal Frustshoppen da und am Ende des Monats fragen wir uns: wieso machen alle anderen Leute schöne Urlaube und ich habe nie Geld dafür? Das Geheimnis lautet: die anderen Leute managen ihre finanziellen Ressourcen vermutlich besser als man selbst.
3. Befreie dich von toxischen Beziehungen
Das klingt sehr plakativ, muss aber natürlich nicht so extrem sein. Unter “toxischen” Beziehungen verstehe ich Beziehungen, die sich eher wie eine Last anfühlen. Wir alle haben Freunde, mit denen wir längst nichts mehr gemeinsam haben und mit denen wir uns eigentlich nur noch treffen, weil es sich wie eine Verpflichtung anfühlt. Das gilt aber nicht nur für Freundschaften: toxische Beziehungen können berufliche, romantische aber auch familiäre Beziehungen sein. Es ist ok mit einer alten Schulfreundin “Schluss zu machen” und sich einzugestehen, dass die Freundschaft zueinander einfach nicht das ist, was einen glücklich macht. Und es it okay, dass man mit manchen Familienmitgliedern mehr und mit manchen weniger Zeit verbringen möchte.
Übrigens: Beziehungen kappen bedeutet auch, alles abzumelden, was einen belastet. Newsletter, Social Media Notifications, Abos usw.
4. Nimm dir nur das, was du brauchst
Das hört sich natürlich leichter gesagt als getan an. Wir kaufen oft Dinge, weil wir uns schlecht fühlen (der “wissenschaftliche” Ausdruck lautet übrigens Retail Therapy – das materielle Pendant zu Comfort Food sozusagen). Der Besitz des Neuen macht uns kurzweilig glücklich, doch nach einiger Zeit empfinden wir das Besitzen von zu vielen Dingen als Ballast. Wenn wir dann “Ausmisten” und uns von diesen Käufen befreien, fühlen wir uns plötzlich wieder gut. Ist das nicht absurd? Wir besitzen nicht die Dinge, sondern die Dinge besitzen uns.
Konsequentes Weglassen von Dingen kann uns also helfen diesen Kreislauf zu durchbrechen. Man muss sich vorstellen: alles was wir an materiellen Gütern anhäufen muss gepflegt, untergebracht, irgendwann entsorgt werden. Was bringt uns ein teures Auto, wenn wir uns ständig darum sorgen müssen, ob es auch sauber, nicht zerkratzt und instand ist? Der ganze Prozess kostet und Energie, Zeit und natürlich Geld. Wenn man den Kauf in erster Linie erst gar nicht tätigt, ist man von all den Konsequenzen, die damit verbunden sind, befreit.
5. Nimm dir Zeit für Nichts
Wir neigen dazu 24/7 produktiv zu sein. Wir planen unsere Wochenenden akribisch durch, sind für die nächsten 3 Wochen jeden Abend verabredet und am Ende des Tages sind wir erschöpft und wollen nichts sehnlicher als den berühmten “Relax-Tag auf der Couch”. Doch was, wenn wir es gar nicht so weit kommen lassen? Was, wenn wir absichtlich Stunden oder Tage einplanen, an denen wir einfach spontan entscheiden dürfen? Jeder Mensch sollte zumindest ein paar Stunden am Tag haben, die er/sie fürs Nichtstun reserviert hat.
6. Strebe nicht nach Perfektion
Wer hat sich selbst schon mal dabei ertappt, ca. 10 Minuten lang den strategisch besten Sitz im Flugzeug auszusuchen? Wer hat schon eine gefühlte Ewigkeit vor einem Supermarktregal gestanden, um auch wirklich die Packung Chips mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis zu wählen? I have! Doch was bringt uns das alles? Stress. Wir verbringen die gefühlte Ewigkeit vor dem Supermarktregal, um uns 20 Cent zu sparen und dürfen der Packung Chips verdanken, dass wir uns unterbewusst wieder einmal gestresst haben. Wie paralysierend zu viel Auswahl sein kann, beleuchtet Barry Schwartz in seinem TED Talk “The Paradox of Choice” (das Video dazu ist am Ende dieses Beitrags eingefügt und ich lege euch sehr ans Herz, es anzuschauen).
Natürlich soll man nicht zu einem gleichgültigen Klotz werden, aber wir alle sollten aufhören, unwichtigen Entscheidungen große Bedeutung beizumessen. Anstatt die 10 Minuten beim Online Check-In oder vor dem Supermarktregal zu verschwenden, tu etwas was dich glücklich macht. Küsse deinen Partner, mach einer Fremden ein Kompliment, knuddle deinen Hund. Egal was, du tust, tu es weil es dich mit Freude erfüllt.
Minimalismus kann eine sehr simple Antwort auf sehr komplexe Probleme in unserem Leben sein. Probier es einfach mal für ein paar Tage, eine Woche oder länger aus, du wirst es nicht bereuen!
THE MINIMALIST READING LIST1.Do Less: A Minimalist Guide to a Simplified, Organized, and Happy Life, 12,99€
2. The Life-Changing Magic of Tidying Up: The Japanese Art of Decluttering and Organizing, ca. 15€
3. The Joy of Less: How to Declutter, Organize, and Simplify Your Life, ca. 11€
4. Personal Style & the Perfect Wardrobe / A Workbook, 20€
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