NEUANFANG IN ÖSTERREICH: IMAN AUS TSCHETSCHENIEN IM GESPRÄCH

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Wie geht ein junger Mensch mit seinen Träumen, Hoffnungen und Erwartungen um, wenn er plötzlich vor einer Situation steht, die so nicht vorgesehen war? Im Rahmen des Filmstarts der Verfilmung des Lebens der Anne Frank habe ich mich mit Iman getroffen, die gemeinsam mit ihrer älteren Schwester in einem Flüchtlingshaus der Diakonie in Wien lebt und als junges Mädchen genau vor dieser Situation stand.

Vor knapp sieben Jahren ist Iman nach Wien gekommen, bis zum Tod ihrer Eltern hat sie in Tschetschenien gelebt. Sie hat ihr Heimatdorf zurückgelassen und ist mit ihrer älteren Schwester über Moskau und Polen nach Österreich geflohen. Hier in Wien ist natürlich alles anders.

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„Es war so komisch, überall waren Menschen und vorm U-Bahn fahren hatte ich Anfangs richtig Angst“, erzählt mir die junge Tschetschenin mit einem Lächeln auf den Lippen. Jetzt wo ich es mir bildlich vorstelle: stimmt, U-Bahn fahren muss ganz schön scary sein für jemanden, der es nicht kennt. Bis auf die U-Bahn gibt es aber nichts, was Iman an Wien auszusetzen hat. „Wien ist meine neue Heimat und ich liebe sie. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wieder nach Tschetschenien zurückzukehren.”

Während ihrer Kindheit in Tschetschenien hatte Iman aber sehr viele Freundinnen. So viele, dass sie sie gar nicht zählen konnte. „Es war eine sehr schöne Kindheit, meine Freundinnen und ich haben nie gestritten. Wir haben immer auf der Straße gespielt und unser Lieblingsspiel war ‘Sandkochen’ wo wir mit Sand ‘gebacken’ haben. Ich bin dann immer total schmutzig nach Hause gekommen und meine Geschwister haben mit mir geschimpft.” In Wien sei das Treffen mit ihren Freundinnen etwas anders. Die Treffen passieren nicht so spontan, man macht sich immer aus wann und wo man gemeinsam etwas unternimmt. „In meinem Heimatdorf war unsere Tür immer offen, ständig sind Freunde zu Besuch gekommen”, erzählt Iman. Inzwischen kann sie ihre besten Freundinnen an einer Hand abzählen: ein Mädchen aus Serbien und ein Mädchen aus Afghanistan.

Mich interessierte, was in einer Jugendlichen wie Iman vorgeht, die am eigenen Leib Verfolgung und Flucht erlebt hat, daran aber nicht zerbricht sondern voller Tatendrang und Optimismus in die Zukunft schaut.

Das Tagebuch der Anne Frank ist hier als Zeitdokument, das im Kern um dieses Thema kreist, aktueller denn je. Ich frage Iman, ob sie von Anne Frank schon einmal etwas gehört hat. Sie erzählt, dass sie das Buch in der Hauptschule gelesen hat und auch die schon etwas ältere Verfilmung hat sie gemeinsam mit ihrer Klasse im Unterricht gesehen. „Die Geschichte finde ich sehr berührend und wichtig. Gleichzeitig ist es für mich beeindruckend, weil Anne Frank trotz ihrer Situation die Hoffnung nie aufgegeben hat und von einer besseren Zukunft träumte, was aber leider nicht in Erfüllung ging“.

Ich möchte von Iman außerdem wissen, wie sehr die Flucht sie verändert hat und, ob sie – wie auch Anne Frank in ihrem Tagebuch schreibt – durch die Erfahrungen ernster geworden ist. Iman sagt, sie sei auf jeden Fall schneller erwachsen geworden und, die Zeit in der neuen Umgebung sei wirklich schnell vergangen. Trotzdem hat sie schöne Erinnerungen an damals, bevor sich alles verändert hat. Sie erinnert sich an ihr schönstes Geschenk, ein Fotoalbum, das sie zu ihrem 8. Geburtstag von ihrem vier Jahre jüngeren Bruder geschenkt bekommen hat. „Da waren Fotos drin, von denen ich nicht einmal was wusste!“. Das Fotoalbum hat sie aber, wie alle anderen Habseligkeiten, die sie und ihre Schwester damals hatten, in Tschetschenien zurücklassen müssen.

Iman hat große Pläne für die Zukunft: Nach der Schule möchte sie eine PKA-Lehre , also eine Lehre mit Matura, machen und anschließend Anwältin werden. „Ich möchte Anwältin werden, weil ich gerne allen Menschen helfen möchte.“

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Der Film Das Tagebuch der Anne Frank ist seit dem 3. März österreichweit in den Kinos. Zum Film-Trailer geht es hier.

Photos: Samuel Colombo | Optical Engineers

// In Zusammenarbeit mit Universal & VICE //

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