Vor ein paar Tagen durftet ihr hier das Interview mit Shia lesen, die eine echte Zero Waste Heldin ist. Wie bereits erwähnt, geisterte das Thema schon lange in meinem Kopf herum, den Ansporn endlich mal anzufangen, hatte ich bisher nicht. So oft klaffen Selbsteinschätzung und Realität auseinander und auch wenn wir glauben, bereits nachhaltig zu leben, ist es oft nicht so. Bei mir war das mit dem Thema Müll der Fall. Ich kaufe mein Gemüse und Obst schon länger unverpackt, trotzdem fällt bei mir irre viel Müll an und immer wenn ich Essen bestellte, fühlte mich mich unwohl, mit den Unmengen an Plastik, die mit dem Essen mitgeliefert werden.
Also habe ich es getan, ich habe drastisch umgestellt und 70% meines Mülls reduziert. Ich bin noch recht weit von 100% zero waste entfernt, wir brauchen aber inzwischen in unserem 2-Personen Haushalt weniger als einen Müllsack die Woche. Heute gibt es mein Tagebuch dazu:
Tag 1:
Heute geht es los, ich will endlich weniger Müll produzieren. In der Früh gehe ich auf den Markt, bloß mit der Ausnahme, dass ich nicht wie immer nur zwei Leinensackerl dabei habe, sondern auch kleine Stofftüten, um Dinge wie Champignons gut nach Hause zu transportieren. Auch ein Einmachglas habe ich mir mitgenommen, doch leider komme ich bei den Erdbeeren drauf, dass es zu klein ist. Damn it. Fast hätte ich den Einkauf komplett plastikfrei geschafft.
Am Nachmittag schaue ich bei der Lunzers Maß-Greißlerei vorbei, im Gepäck meine kleinen Stoffsäckchen und ein paar verschließbare Gläser, kaufe Sojabohnen, Couscous, Brot – alles ganz ohne Verpackung. Außerdem kaufe ich mir dort eine Edelstahl Lunchbox, denn morgen gehe ich wandern. In der Maß-Greißlerei gibt es auch Dinge wie Waschmittel, Handseife, Gewürze, Natron oder Öl zum selber abfüllen.
Außerdem finde ich raus, dass meine Teeverpackungen von Sonnentor kompostierbar sind, sogar das, von dem ich dachte, es sei Plastik.
Tag 2:
Der Wecker läutet um 5:15 Uhr, heute fahren wir in die Steiermark wandern. Ich habe meinen Proviant am Vorabend schon zubereitet (drei Brote, aufgeschnittenes Gemüse und Nüsse), und mir eine Portion Overnight Oats im Einmachglas zum Frühstück bereit gestellt. Als wir im Auto sitzen und ich mein mitgebrachtes Frühstück im Glas mit meinem mitgebrachten Löffel esse, bleiben wir bei der Tankstelle stehen. Alle kaufen sich Frühstück, in Plastik und Papier verpackt, dazu das Wasser in der PET Flasche. Jetzt fällt es mir so richtig auf.
Am Berg machen wir eine Pause, es ist Zeit für Picknick. Das Essen der Gruppe besteht aus Hummus im Plastikbehälter, Wurst in Plastikfolie, Getränken in PET Flaschen. Auf der Rückreise bleiben wir wieder bei der Tankstelle stehen und ich esse eine Packung Manner Schnitten – der erste Müll den ich heute produziere. Dann schnäuze ich mich, weil ich die Stofftaschentücher zu Hause vergessen habe. Der zweite Abfall.
Am Abend gehe ich nochmal mit Mala spazieren, trage den Bio-Müll (Kompost) zur Bio-Tonne (den leere ich immer beim abendlichen Spaziergang einfach in der Bio-Tonne aus). Doch dann: Mala verrichtet ihr Geschäft, ich greife wie immer zu den schwarzen “Gackerl-Sackerl”. Einmal hatte ich eine Alternative aus Papier probiert, die aber mehr als umständlich war. Doch wenn mein Hund ca. 3 mal am Tag kackt (excuse my french), sind das knapp 90 Plastiksackerl im Monat, die einfach im Müll landen. Oh Gott.
Tag 3:
Es ist Montag. Die Mülltüte, die seit Donnerstag im Behälter unter der Abwasch steht, ist so gut wie leer. Am Vorabend habe ich noch Sojabohnen eingeweicht, die ich nun super easy zu Sojamilch verwandle. Helfen tut mir dabei dieses Gerät, Dank dem ich keine pflanzliche Milch mehr kaufen muss. Ich mache mir noch einen grünen Smoothie aus dem Gemüse und arbeite den ganzen Tag vor mich hin. Müll habe ich heute, außer dem “Hundemüll” (und Klopapier und Briefen), keinen produziert.
Tag 4:
Immer mehr Fragen tauchen auf, überall sehe ich Müll. Wie macht man das mit Shampoo? Und Zahnpasta? Ich traue mich, nachdem ich mir am Samstag die Haare mit Natron gewaschen habe, über Roggenmehl als “Shampoo”. Denn Shampoo wird nicht nur in Plastikverpackung gekauft, sondern landet im Abfluss, mit all seinen Silikonen, Tensiden, Chemikalien. Mahlzeit.
Ich wasche mir meine Haare also mit Roggenmehl, benutze Apfelessig als Spülung und zu meinem Erstaunen sehe ich aus wie immer, nur dass mich diese Haarwäsche wesentlich weniger Geld gekostet hat und wesentlich besser für die Umwelt und meinen Körper ist.
Tag 5:
Heute kommt mein Freund aus Italien zurück und zur Feier des Tages wollen wir endlich mal Max & Benito ausprobieren. Das ist ein Burrito-Laden in der Wipplingerstraße. Es sind gefühlt 30.000 Menschen dort, weil a) erster Bezirk und b) Mittagszeit. Ich stelle mich also am Tresen an, zuerst suche ich ein Getränk aus. Andrea will einen Makava, in der Glasflasche und mich lacht das hausgemachte Agua Fresca an – doch es ist in einer Plastikflasche. Ich frage das Mädel hinter dem Tresen, ob sie die Plastikflaschen wiederverwenden, zu meiner Enttäuschung landen die aber im Müll. Also greife ich auch zur Glasflasche, egal, Makava ist auch super. Dann bestelle ich und stelle fest, dass alle Burritos dort, auch die, die im Lokal gegessen werden, in Aluminiumfolie verpackt werden. Ich frage die Dame wieder, ob es denn keine Alternative gäbe. “Nein, das sind die Hygienevorschriften”. Komisch, bei Fresco werden die Burritos auch ohne Aluminiumfolie gegrillt. Also frage ich den Chef: “Könnte ich den Burrito bitte ohne Aluminiumfolie haben?”. Zu meiner Überraschung stellt es doch kein Problem dar, mein Wrap wird halt in Papier umwickelt. Zwar nicht ideal, aber besser. Während wir unseren Burrito, der wirklich gut war, verspeisen, wird mir aber leicht übel: da gehen im Sekundentakt Leute mit ihren Sackerl raus, alles verpackt, überall Müll.
Am Nachmittag möchte ich meinen Apfelessig aka Conditioner auffüllen, nachdem ich nicht wieder dem weiten Weg zu Lunzers radeln möchte, gehe ich zu “Vom Fass“. Ich lasse mir in meine alte Pfandflasche Apfelessig einfüllen, gehe zu Kassa. “Das macht dann 45€ bitte” – Schockstarre. Ich lache nervös, gebe ihr den 50€ Schein und verlasse den Laden – etwas schweißgebadet. Ich checke aber nochmal den Kassenbon und stelle fest, dass mir mehr als die Hälfte mehr verrechnet wurde. Also gehe ich wieder rein und bekomme die 23€ Differenz wieder retour, es war einfach nur ein Fehler – kann jedem passieren! Doch 22€ für eine Flasche Apfelessig ist mir auf Dauer dann doch zu viel, Gott sei Dank gibt es bei Denns Pfandflaschen, die lassen sich mit zero waste ja auch vereinbaren.
Tag 6:
Weil ich noch einen Gutschein hatte (ja, für Amazon, please don’t kill me), habe ich mir einen Haufen Einmachgläser und Mason Jars gekauft, weil ich die einfach super schön finde. Auch meine IKEA Korken Gläser habe ich aufgestockt. Der Karton in dem die Mason Jars geliefert werden ist gigantisch, es schockt mich richtig. Früher war das normal, weil ich total viele Geschenke von PR Agenturen angenommen habe, aber das hat sich sowieso aufgehört. Außerdem habe ich mir Edelstahl Strohhalme gekauft und ein Etikettiergerät von der lieben Magdalena ausgeborgt, damit mein neues, etwas müllbefreiteres Zuhause auch seine Ordnung hat. Verpackungsfrei ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch verdammt fotogen.
Am Nachmittag fahre ich mit dem Fahrrad wieder zu Lunzers, wo ich mir einen Haufen Pasta, Kichererbsen, Cashew Nüsse, Haferflocken und Gemüse kaufe. Für den ganzen Einkauf zahle ich knapp 20€, wobei die 300g Bio-Cashews 9,50€ davon ausmachen. 29€ das kg, huch. Bei Maran Vegan kaufe ich dann noch Linsen, Goji Beeren und Macadamia Nüsse, weil es die dort im Spender zum Abfüllen gibt. Außerdem hole ich mir ein Pfefferminzöl bei der Apotheke zur Kaiserkrone, denn mit Pfefferminzöl kann man hervorragend Zero Waste Zahnpasta machen. Leider gibt es das Öl nur im Glasfläschchen mit Plastikverschluss.
Tag 7:
Der Müllsack von vor 7 Tagen ist immer noch da, es ist noch genug Platz drin. Fühlt sich komisch an, eine ganze Woche den Müllraum nicht betreten zu haben. In der Früh radle ich an der Rauch Juice Bar vorbei und lasse mir den Saft direkt in meine mitgebrachte Flasche füllen. Das mache ich auch schon länger und war, als ich es das erste mal machte, ganz verwirrt, dass man mich gar nicht komisch anschaute. Die Menschen hinter dem Tresen freuten sich sogar total!
Es gibt noch einige Bereiche, wo ich noch nicht verpackungsfrei auskomme, wie zB. Medikamente, Sonnencreme, Rasierer, elektrische Zahnbürste (brauche ich für meine kariesanfälligen Zähne), Hundefutter- und Sackerl (der größte Müll, den ich momentan verursache), Briefpost (habe alles abbestellt, was man abbestellen kann), Servietten im Restaurant (muss mir erst Stoffservietten zulegen) und einige Lebensmittel, die ich unverpackt noch nicht gefunden habe (Seitan, Kokosöl, Räuchertofu, vegane Sauerschlagen und Gummibären, etc.). Trotzdem ist es erstaunlich, wie drastisch man einen so großen Teil des eigenen Mülls reduzieren kann, wenn man einfach nur einen Minischritt weiter denkt. Es war wirklich erfüllend zu sehen, wie leicht und mit wie kleinen Änderungen, man so Großes bewirken kann.
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