Am Sonntag ist Muttertag und soweit das Auge reicht, sieht man on- und offline „presents for mother’s day“-Collagen. Oft vergessen wir aber, dass viele von uns vielleicht gar keine Mama mehr haben, aber auch, dass es Mütter gibt, die in Armut leben. Sie stehen am Rande der Gesellschaft und weil man sie nicht sieht, sind sie für viele nicht existent. Denn so funktionieren wir nun mal: nur das, was wir sehen, gibt es tatsächlich. Wir sehen obdachlose Männer, aber die Frauen mit ihren Kindern? Wo sind die eigentlich?
„Wohin mit uns?“ Oft hat sich Frau D. diese Frage bereits gestellt und keine Antwort gefunden. Heute ist die Situation eskaliert. Der einzige Gedanke: „Wir müssen weg, aber wohin mit uns?“ Die einzige Möglichkeit,kurzfristig Schutz vor der Kälte zu finden, ist der Bus. Die Mutter erzählt ihren Kindern, dass sie einen Ausflug machen. Fest drückt sie die Mädchen an sich.
Im Haus Luise der Caritas Wien gibt es 15 reguläre und 5 Notschlafplätze (die immer belegt sind) für Mütter, die keinen Ausweg mehr haben. Es ist ein ruhiges Haus, es ist sauber und aufgeräumt, durch den Hof ist das Büro der Leiterin, Claudia Ferner-Eder, die mich freudig in Empfang nimmt. Bis zu 2 Jahre leben die Frauen mit ihren Kindern im Haus Luise, dann steht der bedeutendste Schritt an: die Entlassung in die Selbstständigkeit. Das größte Problem für die Mütter, stellt momentan der verschärfte Gemeindewohnungsmarkt dar. Denn reguläre Wohnungen sind für die Kleinfamilien oft nicht denkbar: auch wenn sie das Geld für die Kaution brav zusammengespart haben, wollen Vermieter oft Bürgen. Doch eine Frau ohne sozialen Rückhalt, hat meist auch keinen Bürgen. Für Frauen mit Migrationshintergrund ist dieser Schritt meist noch schwieriger.
Haus-Leitung Claudia Ferner-Eder
„Armut wird weitervererbt“ ist das Stichwort, mit dem die Claudia Ferner-Eder den Nagel auf den Kopf trifft. Es ist ein Kreislauf, den es zu durchbrechen gilt. Und: Armut ist immer mit Scham behaftet. Mütter, die ihre Aufgabe nicht vollends meistern können, schämen sich. Sie werden oft als Versagerinnen dargestellt, denn gesellschaftlich sollte Mutter sein doch der „einfachste“ Task von allen sein. Was viele vergessen: man kann sich nicht aussuchen, wo man reingeboren wird. „In der sozialen Arbeit stellt man die Schuldfrage nicht“ – trotzdem suchen Außenstehende immer nach Schuld. Wenn es eine substituierte Frau ist, heißt es, es ist ihre Schuld, dass sie von den Drogen nicht weg kommt. Das sagen wir, die Menschen der Mittel- und Oberschicht, die Armut nicht kennen und vermutlich so niemals kennen werden. Für uns ist es leicht, jemanden als faul abzustempeln, wo wir die Anstrengungen, die einem Menschen in Armut abverlangt werden, nie meistern mussten.
„Es ist schwierig um Spendengelder zu bitten, weil hilfesuchende Mütter etwas sind, was wir aus dem Stadtbild nicht kennen. Obdachlose Frauen mit Kindern sieht man nicht, deswegen glauben viele, dass es sie nicht gibt.“ Bei diesen Worten fühle ich mich ertappt. Klar, ich wusste, dass es Mutter-Kind-Häuser gibt, aber so richtig damit auseinandergesetzt habe ich mich noch nie. Ich verbinde Obdachlosigkeit meist mit Männern und Kinder habe ich auch keine. Doch obwohl ich noch keine Kinder habe, weiß ich, dass es eine unserer größten Pflichten als Gesellschaft ist, Kindern eine gewaltfreies und harmonisches Umfeld zu bieten. Denn Kinder sind die Erwachsenen der Zukunft.
Wer seiner Mutter also ein wirklich sinnvolles Geschenk machten möchte, der kann in ihrem Namen spenden. Man kann einer Mutter mit Kind einen Schlafplatz ermöglichen oder junge Mütter mit einem Babypaket unterstützen. Die Spende kann dann als Billet verschenkt werden (geht auch noch am selben Tag zum Ausdrucken). Es ist ein wirklich tolles Geschenk, über das sich meine Mama bestimmt, mehr als über alles andere, freuen würde.
22 comments