Was ist eigentlich Greenwashing?

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Grün boomt. Grün ist cool. Grün ist das neue Schwarz. Das Problem: nicht alles, was außen grün angemalt ist, ist im Herzen tatsächlich grün. Immer wieder fällt in diesem Zusammenhang der Begriff “Greenwashing”, der für viele von euch vielleicht recht neu ist. Heute gibt es eine kurze Erklärung zum Begriff und einen Hinweis, wieso Greenwashing so gefährlich ist.

“Green” , also grün, steht als Farbe für Umwelt und Natur, im weiteren Sinne nachhaltige Praktiken. “Washing” stammt von “sich reinwaschen”, ähnlich wie beim Begriff “Geldwäsche”. Bottom line von Greenwashing ist: wir suggerieren grün zu sein, sind es aber nicht. Das fängt ganz banal bei Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit an, kann aber auch in der Sprache von Unternehmen oder deren Aktivitäten (zB. Nachhaltigkeitsbericht) erkennbar sein. Die grünen Aktivitäten eines Unternehmens müssen nicht zwangsläufig erfunden sein, oft ist es einfach eine verfälschte oder übertriebene Darstellung von dem, was tatsächlich geleistet wird. Ein gutes Beispiel hierfür ist H&M, die zwar Bemühungen in Richtung “grüner” machen, diese jedoch verfälscht und größer als sie sind, kommunizieren. Beispiel Recycle Week bei H&M: hier können Kundinnen alte Textilien in einen Container werfen, bekommen suggeriert, alles könne recycelt werden (M.I.A. steht im Werbevideo dazu auf Türmen von Müll), de facto kann aber nur 1% der eingeworfenen Kleidung wirklich recycelt werden. Ein klassisches Beispiel für Green Washing! Ausführlicher habe ich diese Praktiken von H&M in folgendem Post behandelt.

Oft werden auch einzelne Produkte, wegen einer einzelnen Eigenschaft, als nachhaltig beworben, auch wenn nur eine einzelne Komponente diesem Attribut zollt. Ein Beispiel hierfür ist Nespresso. Hier wird Kaffee in Aliminiumkapseln für 60€ pro Kilo verkauft, sprich 40 Cent für 5 Gramm Kaffee. Es gibt eine sehr hübsch gestaltete Seite von Nespresso, auf der erklärt wird, wie man in Zukunft den Recyclinganteil erhöhen möchte. Schön und gut, doch am Ende des Tages ist das Realitätsverweigerung, denn man propagiert eine Lösung für ein Problem, das man selbst geschaffen hat. Eine grüne Schrift und Portraits von Kaffeebauern in Südamerika ändern nichts an der Tatsache, dass Aluminiumkapseln in der Herstellung bereits ökologisch nicht vertretbar sind.

Vorsichtig muss man auch bei Kosmetik sein, denn in kaum einer anderen Branche wird so viel “grün gewaschen”. Die prominentesten Beispiele sind The Body Shop oder Yves Rocher, die mit einem grünen Image werben, de facto keine zertifizierte Naturkosmetik sind. Sie verfügen nicht über die entsprechenden Zertifikate (zB. BDIH, Natrue, Eco-Cert oder demeter), führen teilweise Inhaltsstoffe auf Mineralölbasis, verwenden synthetische Duft, Farb-und Konservierungsstoffe und keine Rohstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau.

Eine weitere, sehr gängige Technik, ist die vage Ausdrucksweise. Auf diese trifft man vor allem in Nachhaltigkeitsberichten (sustainability reports). Auf der Seite von C&A steht zum Beispiel “Wir bei C&A möchten Arbeitsschutz, Lebensgrundlagen der Arbeiter und den Umgang mit Chemikalien verbessern und mit nachhaltigeren Materialen arbeiten. Dabei setzen wir uns immer höhere Ziele. Wir sind überzeugt, dass wir gemeinsam mit unseren Branchenpartnern den Weg zu nachhaltiger Mode ebnen können. (Quelle)” Viele vage Schmuckwörter, oder?

Greenwashing ist manchmal offensichtlicher, manchmal weniger. Auf der Seite greenwashingindex.com kann man viele Beispiele von grün gewaschener Werbung nachschlagen inklusive  eines Index.

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Werbung ist irreführend und manchmal schlichtweg gelogen. So hat die Deutsche Umwelthilfe Danone abgemahnt, weil für Activia mit einem Joghurtbecher aus Bioplastik geworben wurde, weil diese keine gesamtökologischen Vorteile gegenüber herkömmlichen Plastikbechern haben. Die Ökobilanz dieser “Bio-Becher” und die Kommunikation der Vorteile dieser Becher auf Seiten von Danone sind Galaxien voneinander entfernt. Man hat hier also nicht probiert, auf wirklich nachhaltige Verpackung umzusteigen, sondern sich schlichtweg ein grünes Mäntelchen umgehängt.

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“Wir sind nachhaltigER” übersetzt nicht in “wir sind nachhaltig” – das müssen wir alle verstehen. Wenn Adidas einen einzigen Schuh aus Ozeanplastik herstellt, die restlichen hundert Modelle aber unter dem Einsatz von Chemikalien in Billiglohnländern hergestellt werden, wem ist damit geholfen? Oft werden vom Gesamtbudget 20% für die tatsächliche, nachhaltige Aktivität und 80% für dessen Bewerbung/Kommunikation eingesetzt. Im Idealfall sollte es aber genau umgekehrt sein! Veja zum Beispiel hat eine zero advertising policy, was ihnen erlaubt, ihre Sneaker, die 3 bis 4 mal teurer in der Herstellung, weil bio und fair, trotzdem zum selben Preis wie die Konkurrenz anzubieten, weil eben wenig bis kein Geld für Werbung ausgegeben wird.

Nunu Calla, Konsumentensprecherin von Greenpeace und Autorin des Buches “ich kauf nix” (mit gleichnamigen Blog) sagt dazu: “Alles, was nichts mit der Wesentlichkeit, dem Kerngeschäft des Unternehmens zu tun hat, läuft in meinen Augen massivst Gefahr, Greenwashing zu sein. Die Gefahr ist da wirklich SEHR hoch. Louis Vuitton hat mal Bienenstöcke entlang der Champs-Élysées aufgestellt. Eine schöne Geschichte, die aber komplett an deren Kerngeschäft vorbei geht.  Ein weiteres gutes Beispiel ist Coca-Cola. Ich war mal am CSR-Tag von Coca-Cola. In einem Vortrag wurde uns erklärt, dass das drängendste Problem im Nachhaltigkeitsbericht die mangelnde Bewegung und zunehmende Gewichtszunahme der Kundinnen sei. Als Schlußfolgerung startete Coca-Cola eine Kampagne für mehr Bewegung und sponsort vermehrt Sportveranstaltungen. Der Konzern, der also Zuckerwasser in Plastikeinwegflaschen füllt, sagt Kunden: ‘Geht laufen’ und schreibt das dann in den Nachhaltigkeitsbericht rein. Coca-Cola muss somit NICHTS an seinen eigenen Arbeitsweisen ändern und das ist der Haken. Es lenkt vom Kerngeschäft und der eigentlichen Problematik ab.”

Es ist selbst für mich nach mehreren Jahren oft schwierig, Greenwashing zu durchschauen. Denn oft, kann man Dinge nicht nachprüfen oder hat einfach nicht das notwendige Wissen, um im Klaren zu sein. Das Wichtigste ist also: kritisch sein! Fragen stellen, vergleichen, nachlesen und versuchen Zusammenhänge zu verstehen.

 

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